Kapitel 9a
Nach den Osterferien kam ich in
eine neue Schule, das Hagecius- Gymnasium. In der ersten Stunde schleppte mich
Wagenbach, mein neuer Geschichtslehrer mit einem Anzug und seiner braunen
Kacktasche, mit in meine neue Klasse. Alle saßen wie festgetackert auf ihren
Stühlen. Das sah vielleicht komisch aus! Aber es war mucksmäuschenstill, denn
Wagenbach ist anscheinend eine autoritäre Person oder so was. Nachdem er seine
Tasche auf das Pult geknallt hatte, stellte er mich vor. Er nannte meinen
Vornamen ‚Andrej‘, aber danach machte er eine Pause und ich glaub, er wollte,
dass ich meinen Nachnamen selbst sage, weil er ihn nicht aussprechen konnte.
Aber ich guckte durch den Mittelgang ins
Nichts und sagte auch nichts. Ich stand einfach da und sah irgendwohin und
ignorierte Wagenbach total. Dann versuchte dieser Wagenbach meinen Nachnamen
auszusprechen, aber da kam echt nur Mist raus. Ich korrigiere ihn: „Tschichatschow“.
Dann wollte er auch noch, dass ich der Klasse etwas von mir erzähle, aber ich
hatte so gar keinen Bock denen was von mir zu erzählen. Ich kenne die net und
dann geht das die auch nichts an. Darum antwortete ich klipp und klar „Nein“. Dann
meinte er aber er müsse unbedingt der Klasse etwas von mir erzählen. Voll öde! Und
ich sagte einfach nur „beginnen Sie“ keine Ahnung warum, aber darum haben ein
paar Mädchen angefangen zu kichern. Als er von meiner Herkunft aus Russland
erzählte, faselte er irgendetwas von Napoleon und so einen kram. Dabei zog er
schon wieder so komisch Luft durch ein Nasenloch ein. Dann sagte er, ich solle
mich an den freien Tisch da hinten setzen und ich schlurfte wie ein Roboter
durch den Gang nach hinten auf meinen Platz. Ich glaube dabei merkten die
anderen Typen, dass ich hacke war, aber der Wagenbach hat mit seiner zunen Nase
ja eh nichts gerochen. Und ob die anderen es gemerkt hatten oder nicht ist auch
egal. Bei den anderen Lehrern musste ich immer meinen Namen buchstabieren, weil
die alle zu dumm waren. Und sonst sagte ich immer nur „Ja“, „Nein“ oder „Weiß
nicht“ im Unterricht. Ich versuchte auch keine Freundschaften zu schließen,
aber manche verteidigten mich auch ab und zu mal, zum Beispiel dieser Maik. Er
meinte, dass ich nicht so dumm sei wie der Krallenbach. Es gab voll viele
Gerüchte über mich, meine Herkunft und darüber wo ich wohne. Aber nach einer
Zeit war ich meiner Klasse so relativ egal. Aber bei den scheiß
Oberstufenschülern mit den Autos wurde immer noch über mich geredet und sie
sagten, wie fast jeden Morgen „Wieder hacke, Iwan?“, aber als sie dann auch
noch wetteten, ob ich die Tür treffen würde, reichte es mir und ich ging zurück
zu denen und sagte denen kurz meine Meinung. Und seitdem trauen die sich nicht
mehr auch nur irgendwas zu sagen. Aber die Gerüchte über mich und die russische
Mafia verschwanden natürlich nicht. Obwohl das natürlich Quatsch war.